Obere und Untere Kapelle der Kaiserburg Nürnberg


Der kunsthistorisch bedeutendste Teil der Kaiserburg Nürnberg ist die staufische Doppelkapelle mit Herrscherempore. Der Bau, nicht jedoch die ausgelagerte Ausstattung, überstand den Zweiten Weltkrieg fast unbeschadet.
Für eine Doppelkapelle charakteristisch sind zwei übereinander liegende grundrissgleiche Kapellen, die durch eine Öffnung im Zentrum miteinander verbunden sein können, sodass die Gottesdienstteilnehmer, zumindest akustisch, an der liturgischen Feier in der jeweils anderen Kapelle teilnehmen können.
Der obere Teil der Doppelkapelle, die sogenannte Kaiserkapelle, hat für die Romanik sehr ungewöhnliche Proportionen. Vom Palas kommend tritt der Besucher aus dem niedrigen Emporengewölbe mit seinen stämmigen Säulen in einen lichten, nach oben strebenden Kirchenraum mit vier bemerkenswert schlanken Säulen aus marmorähnlichem Kalkstein.
Am früheren Standort des Hochaltars befindet sich heute ein geschnitzter Christus am Kreuz – wahrscheinlich eine Arbeit des berühmten Nürnberger Künstlers Veit Stoß.

Abnahme und Lagerung Figur
Die Madonnenfigur an der westlichen Wand unterhalb der Herrscherempore wurde, um eine sichere Gerüstpositionierung zu gewährleisten, abgenommen und im selben Raum allerdings innerhalb des per Alarmanlage geschützten Bereiches sicher auf Poly-Pad gelagert. Poly-Pad sind anpassungsfähige Vakuumkissen zur druckfeien Stabilisierung und Polsterung sensibler Gegenstände. Die in den Kissen vorhandene Kugelmasse passt sich formschlüssig der Kontur des Objekts an. Über ein Ventil werden die Pads evakuiert und in der modellierten Position verfestigt. Sie sind chemisch inert, widerstandsfähig und reißfest.
Die Figur wurde zusätzlich mit Malerfolie abgedeckt und so vor Staub geschützt.
Einhausungen und Abdeckungen
Bei einem Ortstermin mit der Bayerischen Schlösserverwaltung wurde festgelegt, dass für das staubdichte Abdecken der Exponate ausschließlich Malerfolie für sämtliche Figuren, Bilder, die Steinreliefs und die Schrifttafel zu verwenden sei. Die Wahl fiel auf Malerfolie, da es sich nur um eine kurzzeitige Verhüllung handeln sollte und so die Möglichkeit einer permanenten Sichtkontrolle gewährleistet sein würde.
Eine Ausnahme bildeten hier die beiden Epitaphien, für die Tyvek Soft PE Vlies verwendet werden sollte. Die beiden von Anobienbefall betroffenen Bilder sollten länger umhüllt bleiben, um die Ausflugszeit des Holzschädlings zu überbrücken, weshalb hier diffusionsoffenes Abdeckmaterial angezeigt erschien.
Es sollten keinerlei Befestigungen an Architektur oder Ausstattungsgegenständen angebracht werden. Im Falle der Bilder und der nicht abgenommenen Figuren in der Oberen Kapelle wurde überstehende Folie locker, doch großzügig hinter den jeweiligen Gegenstand eingebracht, so fixiert und staubdicht gemacht.
Diese Herangehensweise war bei den Reliefs nicht möglich. Hier wurden Holzrahmen gebaut und raumseitig mit Malerfolie bespannt. Wandseitig wurden quellende Schaumstoffbänder angebracht, die das nahtlose und schadensfreie Anschmiegen des jeweiligen Rahmens an die Architektur gewährleisteten. Mittels Teleskopstangen oder Holzleisten, die im Winkel mit den Rahmen verschraubt wurden, wurden die Rahmen um die Reliefs fixiert.
Auf diese Weise wurden auch die Epitaphien der Unteren Kapelle verhüllt. Da beim linken Epitaph wenig bis kein Abstand zu Wand, Gewölbe und Bogen bestand, wurde in diesem Fall eine vor- und rückspringende Rahmung konstruiert.
Sanierung von Fugen und Rissen in den Wandflächen
Mürbe oder lose Fugen innerhalb der Sandsteinflächen wurden ausgebaut und mit Staubsaugern von Stäuben und losem Material befreit. Daraufhin wurden die Fugen- und Rissflanken mit Kieselsäureethylester verfestigt.
Die kraftschlüssige Injektage und Verfüllung der Fugen und Risse erfolgte mit Hasit 202. Anschließend wurden sie im KEIM Restauro-System mit Sandsteinmörtel geschlossen und mit Lasuren farblich an den umliegenden Bestand angepasst.
Sanierung von Fugen in der Bodenfläche
Auch im Boden der Oberen Kapelle wurden defekte oder lose Fugen ausgebaut und durch Aussaugen von Stäuben und nicht mehr anhaftendem Material befreit. Nach der Verfestigung der Flanken mit Kieselsäureethylester wurden die Fugen mit Sandsteinmörtel geschlossen. Anschließend folgte die Retusche und das farbliche Angleichen an den umliegenden Bestand. Als Material kam auch hier das KEIM Restauro-System zum Einsatz.
Sanierung von Rissen im Gewölbe
Risse im Gewölbe bei der Eingangstür wurden leicht konisch geöffnet und durch Aussaugen gesäubert. Nach Verfestigung sandender Rissflanken erfolgte die Verfüllung hohlliegender Bereiche und die Vergelung der Risse in einem mehrstufigen Injektionsverfahren. Zuerst wurde eine Vorfestigung (Remmers KSE 100) eingebracht, anschließend folgte die Injektion von Ledan D1 in abgetimmten Verdünnungsstufen. Die so vergelten und hinterfüllten Risse wurden daraufhin geschlossen und durch Retusche an den umliegenden Bestand angeglichen.
Reparatur der Verlustzone am Kapitell
Nach Vorgabe[nbsp]der Bayerischen Schlösserverwaltung[nbsp]wurde die Verlustzone am Kapitell mit Alabastergips ergänzt. Die farbliche Einstimmung und Angleichung an den Bestand erfolgte mittels Primal und Pigmenten.
Abnahme, Begasung und Remontage der Epitaphien
Die von Anobien befallenen Epitaphien in der Unteren Kapelle wurden schließlich abgenommen, eingehaust und begast. Um die unausgesetzte Atmung und Gasaufnahme[nbsp]der Holzwürmer zu gewährleisten, wurde die Einhausung beheizt. Nach angenommen ausreichender Standzeit wurden der Einhausung Probeblöcke entnommen. Die Zählung verendeter Würmer erlaubte die Enthüllung der Epitaphien und die Remontage an ihren angestammten Platz, nachdem Bilder und Wandflächen mit Pinseln und Staubsaugern gereinigt worden waren.
Diese Maßnahme wurde von der Firma Form [&] Farbe Ehmann lediglich begleitet, die für die Gerüststellung, Abnahme der Epitaphien, Reinigung der Wandflächen, Remontage der Epitaphien und Dokumentation zuständig, bzw. daran beteiligt war.
Dokumentation
Alle in der Doppelkapelle ausgeführten Maßnahmen wurden sorgfältig festgehalten und in einer ausführlichen Dokumentation ausgearbeitet.
Sandsteinrestaurierung im Jahr 2019
Im Jahr 2019 wurden erneut Restaurierungsarbeiten an der Oberen Kapelle notwendig. Defekte Fugen im Sandstein wurden ausgebaut, erneuert und durch Retuschen an den umliegenden Sandstein angeglichen.