Restaurierung der Fassade des Bürglaßschlösschens in Coburg

Stadt Coburg
2015
Restaurierung Fassade
Herausforderung
Reinigung von Putz und Naturstein, Putzinstandsetzung, Natursteinrestaurierung, Neufassung
Herausforderung

An der Straße Oberer Bürglaß, gegenüber der Rückseite des Landestheaters in Coburg, steht der klassizistische Bau des Bürglaß-Schlösschens aus dem 18. Jahrhundert, der bis in die 1950er Jahre Bulgaren-Schlösschen oder auch Augusten-Palais genannt wurde. Es diente Zar Ferdinand von Bulgarien nach seiner Abdankung 30 Jahre lang bis 1948 als Wohnsitz. Heute wird das Schloss als Standesamt benutzt.

Lösung

Probeentnahmen sowie deren Dokumentation und Kartierung


Es wurden Kalkputzproben mit Fassung entnommen und an ein Fachlabor versandt. Putzproben und Entnahmestellen wurden genau kartiert und in einer schriftlichen Dokumentation festgehalten.
Die stratigrafische Auswertung der Fassungsproben sowie die Farbtonbestimmung der einzelnen Fassungsschichten nach NCS erfolgten durch das Fachlabor.


Reinigung Putz und Naturstein


Um die feuchtetechnischen Eigenschaften der modernen Putzoberfläche zu regenerieren und als Vorbereitung für den Anstrich, wurden alle Putzflächen im Hochdruckwasserstrahlverfahren ohne Zusatz von chemischen Reinigungsmitteln gereinigt. Ziel war die Entfernung von biogenem Befall wie Algen, Flechten oder Moose, von anhaftenden Verschmutzungen sowie von pudernder Altbeschichtung. Stark anhaftende Flechten und Ablagerungen wurden vor der Reinigung mehrmals eingenässt. Stärkere Verschmutzungen wurden zusätzlich manuell mit Wurzelbürsten und ähnlichem behandelt.
Die Arbeitsparameter wie Wassermenge, Druck oder Arbeitsabstand wurden individuell an die jeweilige Oberflächensituation angepasst. Der Eintrag von Wasser wurde so gering wie möglich gehalten.


Nach dem Ausstemmen stark salzbelasteter, auszutauschender Werkstücke wurde der natursteinsichtige, umlaufende Sockel aus Coburger Bausandstein per Hochdruckreinigung gesäubert.


Die etwa lebensgroßen Löwenfiguren aus Schilfsandstein an der Westseite wurde im Hochdruckwasserstrahlverfahren gereinigt.


Um ihre moderne Beschichtung zu reduzieren und um den Untergrund für den Neuanstrich vorzubereiten, erhielten die Säulen des Altans an der Ostfassade eine Reinigung im Partikelstrahlverfahren. Hierfür wurden die vergoldeten Kapitelle mit Folien geschützt. Anschließend erfolgte die Partikelreinigung im Trockenstrahlverfahren mit jeweils an den Untergrund angepasstem Druck unter Verwendung einer Wirbelstrahldüse. Nach Bedarf wurden die Flächen in mehreren Arbeitsgängen und in unterschiedlichen Reinigungswinkeln überarbeitet. Das Strahlmittel wurde in Körnung und Härtegrad auf die zu entfernenden Beläge sowie den Putzuntergrund abgestimmt. Reinigungsrückstände wie Abtrag und Strahlmittel wurden rückstandsfrei abgekehrt und abgesaugt.


Analog zur vorbeschriebenen Maßnahme wurden auch kleinere Putz- und Sandsteinkleinflächen im Partikelstrahlverfahren gereinigt.


Putzinstandsetzung


Der Kalk-Zement-Putz wurde sorgfältig abgeklopft und Hohllagen an der Fassade festgestellt sowie markiert.


Der ca. 1,10 m hohe Streifen über dem Sockel aus Naturstein wurde an insgesamt drei Fassadenseiten abgenommen und neu aufgeputzt. Fugenmörtel wurden ausgeräumt und entsprechende Fugen vor dem Antrag des Neuputzes vorverfugt.


Der Putzaufbau des modernen Putzes auf historischem Sandsteinmauerwerk mit Kalkputzresten bestand aus einem festen Unterputz aus Kalkputz, einem festen, gelb durchgefärbten Putz aus Kalkputz und einem durchgefärbten Deckputz ebenfalls aus Kalkputz mit mineralischer Schlämme und Anstrich.
Überlappendes, alkalibeständiges Gewebe wurde in den Neuputz eingebettet.


Partiell wurden Flächen als Reparatur neu verputzt. Auch hier wurde Gewebe eingelegt. Ein Drittel dieser Flächen waren profiliert wie z. B. Fenstergewände oder Lisene.
Die Strukturangleichung des Neuputzes an Altputzflächen erfolgte mit Silikatfarbe unter Zusatz eines silikatischen Schlämmzusatzes.


Einzelrisse wurden in Absprache mit der Bauleitung individuell saniert. Risse wurden gespachtelt und geschlämmt oder konisch aufgeweitet und anschließend geschlossen.


Entlang der jüngst eingesetzten Holzfenster in den Obergeschossen war ein Spalt von ca. zwei bis fünf cm Breite und 15 cm Tiefe zu schließen. Hierfür wurden Dämmplatten eingebaut und Gewebeeckwinkel auf der Platte befestigt und verspachtelt. Zum Abdichten der Anschlussfugen zwischen Blendrahmen und Leibungsdämmung wurden Apu-Gewebeleisten eingeputzt. Anschließend erfolgte der mehrlagige Auftrag der Putzschichten und die Strukturangleichung an den Bestand. Flankierende Ausbrüche der Fensterfaschen wurden verschlossen.


Anschlussfugen der Türen und Fenster im Erdgeschoss wurden mit Fassadenacryl ausgefugt.


Putzan- und abschlüsse wurden hergestellt.


Bei Putzausbesserungen an den Pilastern wurde eine Scheinfuge von ca. drei cm Höhe und ca. 1,5 cm Tiefe herausgearbeitet. Die Maße wurden am Bestand geprüft.


Alte Fensterrahmungen wurden abgearbeitet, der entsprechende Bauschutt entsorgt. Profilierte Fensterrahmungen mit Sturz und Sohlbank wurden hergestellt. Die entsprechenden Maße wurden ebenfalls am Bestand geprüft.


Instandsetzung Naturstein


Die Fugen im Natursteinsockel wurden saniert. Aufgrund der zu hohen Festigkeit und ihrer unpassenden Anmutung wurden alle zementhaltigen Fugenmörtel der Altinstandsetzung erneuert.


Hierfür wurden diese festen Fugenmörtel vollständig entfernt, ohne die Fugenbreite zu vergrößern oder den Naturstein zu beschädigen. Alle losen Bestandteile im freigelegten Fugenbereich wurden entfernt. Überbreit verschmierte Fugenmörtel wurden abgeprellt. Das ausgearbeitete, salzbelastete Material wurden umgehend entsorgt.


Bei Bedarf wurden absandende Fugenflanken in der geöffneten Tiefe gefestigt.


Die offenen Fugen wurden mit einem angeglichenen und abgestimmten Fugenmörtel geschlossen. Der Mörtel wurde über das spätere Fugenniveau hinaus angetragen und im angesteiften, noch feuchten Zustand in Form gekratzt, wobei er an den individuellen Verlauf der Fugenflanke angepasst wurde. Die Ausformung wurde leicht zurückstehend bis oberflächenbündig ausgebildet.


Fehlstellen im Naturstein wurden nach Abnahme defekter bzw. zu fester Altergänzungen mit Steinersatzmasse ergänzt. Die Oberfläche wurden dem Bestand angepasst, der gezahnte Strukturen aufweist. Es wurden ca. vier verschiedene Grundfarbtöne sowie die Mischungen aus diesen Grundtönen zur Ergänzung verwendet.


Auszutauschende Werkstücke wurden dem Bestand entsprechend durch Coburger Bausandstein/ hellen Mainsandstein ersetzt. Die Festlegung der betreffenden Bereiche erfolgte durch die Bauleitung direkt an der Fassade.


Partiell defekte Fugen der Fensterrahmung des Erdgeschosses, der Pilaster des Erdgeschosses und der Löwenfiguren wurden erneuert. Hierfür wurde der feste Fugenmörtel vollständig entfernt, ohne die Fugenbreite zu vergrößern oder den Naturstein in Mitleidenschaft zu ziehen. Alle losen Bestandteile im freigelegten Bereich wurden ausgeräumt. Die offenen Fugen wurden mit einem farblich angeglichenen und abgestimmten Fugenmörtel geschlossen.


Der Mörtel wurde über das spätere Fugenniveau angetragen und im angesteiften, noch feuchten Zustand in Form gekratzt, wobei er an den individuellen Verlauf der Fugenflanke angepasst wurde. Die Ausformung wurde oberflächenbündig ausgebildet.


Gefährdete Bereiche wurden vernadelt.


Hohlräume und Rissbereiche wurden in Absprache mit der Bauleitung und dem Statiker nach Freilegung geschädigter Mauerbereiche verpresst. Hierfür wurden Bohrungen im Fugensystem des Sandsteinmauerwerks des Erdgeschosses gesetzt und ausgeblasen, um Packer einzubringen. Anschließend wurde hochfließfähiger Trasskalkmörtel zur Verpressung der Rissbereiche und Hohlräume sowie zur Verfestigung, Stabilisierung und Verklebung des Gefüges unter Nieder- und gegebenenfalls Mitteldruck hergestellt. Die Verpressarbeiten wurden unter ständiger Kontrolle des Verpressdruckes durch Manometer ausgeführt, um bei Druckaufbau oder einem plötzlichen Druckabfall den Verpressvorgang sofort unterbrechen und überprüfen zu können, ob etwaiges Verpressgut austrat bzw. unkontrolliert in Hohlräume lief. Undichtigkeiten wurden im Zuge der Arbeiten sofort verschlossen. Ein Abfließen der Injektagemasse über die Gebäudeoberfläche wurde unbedingt vermieden.


Nach Beendigung der Verpressarbeiten wurden die Packer rückstandsfrei ausgebaut.


Neufassung


Die Wandrücklagen, die Fensterrahmungen der Obergeschosse bestehend aus jeweils zwei Gewänden, Sturz und Sohlbank, die Lisene und das Mauerband (Gesims) wurden vorfixiert.


Die Wandrücklagen erhielten eine Neufassung im KEIM[nbsp]Purkristalat-System.
Natursteinelemente, Bossenwerk, Fensterfaschen, die Lisene sowie das Mauerband wurden im KEIM Granital-System gestrichen.
Aufgrund der unterschiedlichen Farbtöne und Farbsysteme wurde sorgfältig beschnitten.


Zur visuellen Verbesserung des ästhetischen Erscheinungsbildes des vorgeschädigten, sehr inhomogen wirkenden Sockels aus Sandstein wurde ein nicht komplett vollflächiger Farbauftrag aus Silikatfarbe aufgesprüht. Die angestrebte Wirkung sollte weiterhin einen natursteinsichtigen, nicht gestrichenen Sockel implizieren. Eine vollflächige, homogene Wirkung sollte nicht evoziert werden.


Das Holz mit mehrschichtigem Altanstrich der Fensterstürze des ersten Obergeschosses, des Traufgesimses, der Giebelgesimse und der Fensterfaschen des zweiten Obergeschosses der Westfassade sollten einen Überholungsanstrich erhalten. Alte Fassungen sollten, sofern überstreichbar, erhalten bleiben.
Zu diesem Zweck wurden die Untergründe vor Anstrich auf ihre Eignung überprüft. Nicht tragfähige Altanstriche wurden mechanisch entfernt. Scharfe Kanten wurden gebrochen. Vergrautes und verwittertes Holz wurde bis auf gesundes Holz abgeschliffen. Intakter Altanstrich wurde gründlich geschliffen und gesäubert. Der Anstrichträger wurde so von Rückständen oder Zusätzen befreit, die die Haftung des Anstriches beeinträchtigen könnten, und staubfrei gemacht. Glänzende Oberflächen wurden entfettet.
Untergrundschäden wurden mit artgleichem Material geschlossen und in gleicher Oberflächenstruktur ausgebessert. Risse und tiefere Fehlstellen wurden verfüllt. Hierfür wurden Fehlstellen inklusive der Rissflanken gründlich mechanisch gereinigt. Rissflanken wurden vor Verfüllen grundiert.
Die Rissmasse wurde sodann mittels Kitteisen oder Spachteln unter Vermeidung von Lufteinschlüssen in die Fehlstellen oder Risse eingedrückt. Besonders tiefe und breite Rissen wurden mit artgleichen Holzstücken in Faserrichtung als Bewehrung ausgespant.
Die Grundierung der Holzuntergründe erfolgte mit KEIM Lignosil-Base, Grund- und Zwischenanstrich bestanden aus KEIM Lignosil-Color.


Musterflächen


Zur qualitativen Feinabstimmung des Maßnahmenziels wurden vor Beginn jeder Maßnahme an repräsentativen Fassadenabschnitten aussagekräftige Musterachsen angelegt, die die eingesetzten Materialien und angewandten Methoden schlüssig darlegten.


Dokumentation


Alle an der Fassade des Bürglaßschlösschens ausgeführten Maßnahmen wurden sorgfältig in Wort und Bild festgehalten und in einer ausführlichen Dokumentation nachvollziehbar gemacht.

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